Darf mein Nachbar einen Rückschnitt verlangen in Potsdam?

Darf mein Nachbar einen Rückschnitt der Hecke oder des Baumes verlangen?
In Deutschland gehören Streitigkeiten rund um Hecken und Bäume zu den häufigsten Konflikten zwischen Nachbarn.
Dabei geht es oft um Fragen wie: Wann darf mein Nachbar verlangen, dass ich meine Hecke oder meinen Baum zurückschneide?
Welche gesetzlichen Regelungen gelten hierbei?
Und was passiert, wenn ich den Aufforderungen nicht nachkomme?
Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtliche Situation und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Rückschnitt von Hecken und Bäumen im Nachbarschaftsrecht.
Gesetzliche Grundlagen zum Rückschnitt von Hecken und Bäumen
Die Frage, ob Ihr Nachbar einen Rückschnitt Ihrer Hecke oder Ihres Baumes verlangen darf, richtet sich nach verschiedenen rechtlichen Grundlagen.
Dabei spielen insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften eine entscheidende Rolle.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Gemäß § 910 BGB ist ein Grundstückseigentümer grundsätzlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Äste, Zweige oder Wurzeln seiner Pflanzen nicht auf das Nachbargrundstück hinüberwachsen und dort die Nutzung beeinträchtigen.
Wenn diese Beeinträchtigung erheblich ist, darf der betroffene Nachbar den Rückschnitt verlangen.
Kommt der Eigentümer dieser Aufforderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach, darf der Nachbar selbst zur Schere greifen und die überhängenden Pflanzenteile abschneiden.
Allerdings trägt er in diesem Fall auch die Kosten für den Schnitt selbst.
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
Unabhängig von nachbarschaftlichen Streitigkeiten regelt das Bundesnaturschutzgesetz (§ 39 BNatSchG), wann überhaupt ein radikaler Rückschnitt erlaubt ist.
Demnach sind umfangreiche Schnittmaßnahmen nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 28./29. Februar erlaubt.
Zwischen dem 1. März und dem 30. September dürfen lediglich schonende Pflegeschnitte durchgeführt werden, um Brut- und Niststätten von Vögeln sowie Lebensräume anderer Tiere zu schützen.
Landesrechtliche Vorschriften
Die zulässige Höhe von Hecken sowie die Mindestabstände zum Nachbargrundstück sind in Deutschland landesrechtlich geregelt und variieren je nach Bundesland.
In der Regel gilt ein Mindestabstand zwischen 50 Zentimetern und zwei Metern zur Grundstücksgrenze sowie eine maximale Höhe zwischen 1,20 bis zwei Metern.
Überschreitet Ihre Hecke diese Vorgaben, kann Ihr Nachbar grundsätzlich einen Rückschnitt verlangen.
Wann darf Ihr Nachbar konkret einen Rückschnitt verlangen?
Ihr Nachbar hat grundsätzlich dann Anspruch auf einen Rückschnitt Ihrer Hecke oder Ihres Baumes, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Die Pflanzen überschreiten die gesetzlich zulässige Höhe oder den vorgeschriebenen Abstand zur Grundstücksgrenze.
- Die überhängenden Äste oder Zweige beeinträchtigen erheblich die Nutzung des Nachbargrundstücks (z.B. durch starken Schattenwurf, Laubfall oder Verstopfung von Regenrinnen).
- Der Anspruch ist nicht verjährt: Wenn Ihr Nachbar die Situation bereits länger als fünf Jahre geduldet hat, kann sein Anspruch auf Rückschnitt verjährt sein.
Ein Urteil des Amtsgerichts München (Az.: 155 C 6508/19) stellte beispielsweise klar, dass ein Anspruch auf Rückschnitt eines Baumes verjährt sein kann, wenn der Baum bereits seit über fünf Jahren höher als erlaubt gewachsen ist und der betroffene Nachbar dies stillschweigend hingenommen hat.
Ausschluss des Anspruchs nach Treu und Glauben
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Nachbarschaftsrecht ist das Prinzip von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB).
Dies bedeutet: Wer selbst gegen nachbarschaftliche Regeln verstößt, verliert unter Umständen seinen Anspruch auf Rückschnitt gegenüber seinem Nachbarn.
So entschied beispielsweise das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 24.01.2024 – Az.: 2 S 85/23), dass ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf den Rückschnitt der Hecke seines Nachbarn hatte, weil er selbst auf seinem Grundstück ebenfalls gegen die Vorschriften verstoßen hatte – etwa durch eine eigene Kugelhecke und eine Zypresse, die deutlich höher als erlaubt gewachsen waren.
Daher gilt: Wer selbst nicht regelkonform handelt, kann seine Ansprüche gegenüber dem Nachbarn verlieren.
Darf Ihr Nachbar Ihre Hecke oder Ihren Baum eigenmächtig schneiden?
Grundsätzlich gilt: Ohne Ihre Zustimmung darf Ihr Nachbar Ihre Pflanzen nicht eigenmächtig schneiden.
Tut er dies dennoch ohne ausreichende rechtliche Grundlage, handelt es sich um eine Eigentumsverletzung bzw. Sachbeschädigung (§ 303 StGB).
Sie könnten dann Schadensersatzansprüche geltend machen (§ 823 BGB).
Ausnahme: Wenn Sie trotz Aufforderung innerhalb einer angemessenen Frist keinen Rückschnitt vornehmen und erhebliche Beeinträchtigungen bestehen (§ 910 BGB), darf Ihr Nachbar selbst tätig werden – allerdings nur im Rahmen eines schonenden Überhang-Schnittes und ausschließlich in Bezug auf jene Pflanzenteile, die tatsächlich ins Grundstück hineinragen.
Wie sollten Sie bei Konflikten vorgehen?
Um Streitigkeiten zu vermeiden oder zu lösen, empfiehlt sich zunächst immer ein klärendes Gespräch mit Ihrem Nachbarn. Oftmals lassen sich viele Konflikte durch offene Kommunikation ausräumen.
Sollte dies nicht möglich sein, können Sie eine Schlichtungsstelle einschalten.
In vielen Bundesländern ist dies sogar vorgeschrieben, bevor man vor Gericht zieht.
Diese Stellen helfen dabei, eine außergerichtliche Einigung zu finden – oft schneller und günstiger als ein Gerichtsverfahren.
Fazit: Darf Ihr Nachbar den Rückschnitt verlangen?
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Ja, Ihr Nachbar darf unter bestimmten Voraussetzungen den Rückschnitt Ihrer Hecke oder Ihres Baumes verlangen.
Entscheidend sind dabei gesetzliche Vorgaben zu Grenzabständen und Maximalhöhen sowie erhebliche Beeinträchtigungen des Grundstücks.
Der Anspruch kann jedoch verjährt sein (in der Regel nach fünf Jahren) oder aufgrund eigenen Fehlverhaltens („Treu und Glauben“) ausgeschlossen werden.
Eigenmächtiges Schneiden durch den Nachbarn ohne ausreichende rechtliche Grundlage ist verboten und kann Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.
Bei Konflikten empfiehlt sich zunächst immer das Gespräch mit dem betroffenen Nachbarn oder die Einschaltung einer Schlichtungsstelle.
Indem Sie diese rechtlichen Rahmenbedingungen beachten und frühzeitig kommunizieren, können Sie viele Streitigkeiten rund um Hecken- und Baumschnitt vermeiden – für ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis in Ihrem Wohnumfeld.
